1. Record

Der Fall vor 20 Jahren

Die brennende Flamme flackerte im dunklen Raum. Fünf finstere Gestalten hatten sich im Raum versammelt. Einer von Ihnen fuhr sich frustriert mit der Hand über das Gesicht. Auch wenn kein Wort in der Stille fiel, verstanden sie einander. Die Anwesenden tauschten sich zweifelnde Blicke miteinander aus. Keiner wagte es auszusprechen, bis schließlich inmitten der erdrückenden Atmosphäre die Worte fielen: „Uns... Bleibt keine andere Wahl.“ Einer von ihnen senkte seine Augen. Wie ein Schatten schien der Satz in den Raum über sie zu schweben. „Aber -“
„Nein! Wir können das nicht riskieren. Unser Leben hängt davon ab, wir können ihn nicht einfach verschonen.“, fiel er den Anderen ins Wort, bevor er aussprechen konnte. Wieder kehrte Stille zwischen allen ein und nur noch der pfeifende Wind, der vom Türspalt in den Raum wehte, schien das Wort zu haben. „Er hat Recht.“
„Fr -“
„Es ist alles gesagt, also wage es nicht meinen Namen in deinen Mund zu nehmen. Das Gleiche gilt für Alle, das hier wird meine letzte Mission mit euch sein, wo ich euch als meine Kameraden betrachte.“ Die Augen funkelte seinen ehemaligen Freund nun an. Mit der Entscheidung, die in der Minute fiel, war es für sie alle unmöglich zurückzukehren und auch das Aufrecht zu halten, was sie eins einander gepflegt und schätzt gelernt haben. „Ich verstehe. Nun... Dann soll es so sein.“ Noch einmal legten sie ihre Hände übereinander und sprachen folgende Worte aus, die sie eins verband: „Wir sind Sünder, die unsere Hände einander reinwaschen. Nur Gemeinsam sind wir eins. Dieser Schwur soll uns für ewig verbinden... ewig [...]“

Nur ein Bruchteil einer Sekunde schien vergangen zu sein. Wie zwei Edelsteine, die an Glanz verloren hatten, starrten die melancholischen Augen des alten Mannes ins Leere. 20 Jahre... Und bis heute, konnte man sich nicht erklären, was die Beweggründe gewesen sein könnten. Eine Glastür schottete den Alten Mann von der Außenwelt ab, gegenüber ihm ein junger Mann mit dunklen Haaren. Er faltete die Hände auf dem Tisch und schaute durch das Glas direkt in die Augen des Älteren. Mit einem Seufzer starrte er auf das immer noch leere Notizheft. Sobald ihm sich die Gelegenheit bot, setzte er sich mit ihm zusammen um diese auszufragen. Leider blieb der Erfolg bei der Befragung jedoch aus und doch wollte er nicht aufgeben. Mikhail Graham handelte sich um einen jungen Mann von etwas schlaksiger jedoch gesunder Statur. Auf den ersten Blick würde man nicht darauf kommen, dass jemand von solch sanfter Ausstrahlung sich um einen Special Agent, der S.F.A.V. handelte. Eine leichte kindliche Unschuld spiegelte sich in das ovale Antlitz wieder. Er schaute den Mann zweifelnd an, der die Fragen nur mit eintönigen Lauten erwiderte. Zwar wusste Mikhail nicht genau, was er sagen möchte, doch es war verständlich, dass dieser sich ihm mitteilen wollte. „Was genau möchtest du mir sagen?“ Er schaute zu den Mann rüber, der auch nicht mehr die Möglichkeit besaß zu schreiben. Unangekündigt öffnete plötzlich jemand die Tür. Überrascht schaute er auf und erblickte eine Frau, die in den Raum trat. Ihr gut proportionierter Körper unterstrich ihre Schönheit, die einem Model glich. Die leichten Wellen in ihrem Haaren unterstrichen zusätzlich ihr wohlgeformtes Gesicht. So betörend diese Schönheit jedoch auch war, reflektierte ihr ganzes Auftreten pure Arroganz. Bei dem Anblick des verdatterten alten Mannes, verdrehte sie verächtlich ihre braunen Augen und wandte sich zu Mikhail, der immer noch etwas überrumpelt von ihrem plötzlichen Erscheinen war. „Ich habe mir schon gedacht dass du hier steckst.“
„Es kommt nicht häufig vor dass du nach mir suchst, Lisa. Ist etwas passiert?“
„Du sollst dich zum Büro begeben.“, fasste sie sich kurz und gab eine Handbewegung in Richtung der Wachmänner hinter der Glastür, worauf diese den alten Mann abführten. Der Gang wirkte kalt mit seinen aus Metall bestehenden Wänden und den matten Laminat, von dem man schwer unterscheiden konnte ob es sich um ein grün oder grau handelte. „Und? Hast du irgendwas heute herausfinden können?“
„Nein. Aber ich bin mir sicher, dass er mir was mitteilen will. Nur hat er keine Möglichkeit dies zu tun.“
„Es ist wirklich bedauernswert, dass wir zu spät kamen, dennoch kann man von Glück reden, dass er es zumindest überlebt hat. Bedauerlich ist jedoch dass er nicht wirklich viel taugt.“ Auf dem Kommentar der Blondine, erwiderte Mikhail nur ein schiefes Lächeln. Sie blieben schließlich vor einer großen Holztür stehen, dass zusätzlich ein Gitter zur Sicherung besaß. Unpassend zum gesamten Aufbau hob die Tür durch den aus Eichenholz bestehenden Material von der kalten Metall Wand ab, die den gesamten Korridor durchzog. Lisa ihre Hand gegen recht von der Tür an die bloße Wand. Ein kurzes Piepen vernahm man davon worauf sich das Gitter erhob und ebenfalls die massive Holztür öffnete. „Es mag sein dass viele ihn mit solchen Augen sehen. Aber ich möchte ihn nicht aufgeben.“
„Ah ja? Nun, wenn du das für so relevant hältst, ist dass deine Sache. Jedoch bin ich der Meinung dass du deine Zeit wesentlich sinnvoller verbringen kannst, als mit einem bereits Hirntoten.“ Sie stiegen in den Aufzug, worauf die Türen sich mit einem lauten „KATANG“ schlossen. „Sicherlich gibt es eventuell sinnvolleres in deinen Augen. Aber für mich ist jede freie Minute, die ich mit ihm verbringe wichtig. Immerhin vernachlässige ich durch die Investition nicht meine anderen Pflichten.“
„Optimistisch wie eh und je. Wundere dich nicht, wenn eines Tages, was gegen dein Gesicht geflogen kommt.“, neckte sie worauf der Dunkelhaarige nur mit den Schultern zuckte.
Einige Sekunden vergingen als der Aufzug darauf zum still stand kam. Lisa schaute ihren Kollegen mit gehobener Augenbraue an. „Ich muss hier raus. Ich wünsche dir einen schönen Abend, Lisa.“
„Danke, gleichfalls.“ Sie nickte ihm zu, als er dann den Aufzug verließ und dieser sich wieder schloss. Wie in einem anderen Gebäude schien das Stockwerk. Gläserne Türen standen dicht aneinander gereiht, während massive Holzwände aus demselben Material wie die Aufzugtür, die Büros voneinander trennten. Die Korridore besaßen die doppelte Größe von dem unterem Geschoss, die durch die helle Beleuchtung und die großen Glasfenster wesentlich freundlicher wirkte.

Beim Betreten seines Arbeitszimmers bemerkte der 22-jährige, dass bereits jemand anwesend war. „Ich hoffe, Sie haben nicht allzu lang warten müssen.“, entschuldigte sich Mikhail. Bücherregale nahmen die kompletten Holzwände des Raumes ein und waren bis oben befüllt. Aufgrund des Platzmangels standen sogar kleine Stapel zerstreut auf den Boden des Raumes. Als Außenstehender hätte man meinen können, dass sich Mikhail um einen unordentlichen, chaotischen Gesellen handelte. Nur wenn man ein genaueres Auge auf das Chaos warf, erkannte man das eine Ordnung hinter dem System steckte. Ein großer Holztisch nahm die zentrale Fläche des Raumes ein. Gegenüber des Tisches stand ein Ledersofa, worauf sich der Gast sich gemütlich gemacht hatte. Er klappte das Buch zu, was er in der Hand hielt und widmete sich Mikhail, dem er grüßend zunickte. „Mr. Graham, nehme ich an. Inspektor Rang A Hakuryu Hyung Ming, freut mich Sie kennenzulernen.“ Er stand vom Sofa auf und nahm sich die Zeit den Anderen die Hand hinzuhalten. Mikhail zögerte für einen Moment bevor er die Hand des anderen annahm und diese schüttelte. „Ebenfalls.“ Der Asiat war von stattlicher Statur wobei er ein gewissen Charisma besaß, dass Mikhail ein wenig nervös machte. „Was genau bringt Sie hierher Mr. Hyung?“
„Vor 2 Monaten haben Sie ein Brief uns zukommen lassen, worin sie uns einen ausführlichen Bericht über den Tatort gaben. Daher soll ich den persönlichen Dank vom Direktor aussprechen.“
„Das freut mich, dass ich helfen konnte. Konnten Sie jedoch die Identität von Nr. 5568 auswendig machen.“ Hakuryu schüttelte den Kopf, fuhr jedoch dann weiter fort: „Des weiteren hat sich der Rat dazu entschieden sie zu befördern, damit sie sich intensiver mit der Materie beschäftigen können.“ Mikhail schaute nicht schlecht als der letzte Satz des Inspektors fiel. Er wusste nicht wirklich, was er sagen sollte weshalb er sich verlegen am Hinterkopf kratzte. „Ich gratuliere Sie für Ihre Beförderung. Ab nächste Woche wird sich ihr Büro im Hauptgebäude befinden. Bitte sorgen Sie bis dahin, dass Sie alle nötigen Sachen bis dahin gepackt sind. Ah... Es sei denn, sie erklären sich noch nicht bereit dazu. Sie sind noch jung, daher habe ich auch Verständnis dafür.“
„Nein, nein... Das ist es nicht. Ich freue mich über die Beförderung, wirklich. Nur bin ich etwas überrascht.“ Der Asiat lächelte den Anderen an, der immer noch unbeholfen nach den richtigen Worten suchte.
„Was, ich aber eigentlich damit sagen wollte, ist dass ich mich ebenfalls freue mit Ihnen ihnen in Zukunft zusammen arbeiten zu dürfen, Mr. Hyung.“, kam es schließlich auf Mikhails Mund, der erst im Nachhinein nun überlegte, was er da gesagt hatte.
„Wenn das so ist, werden wir uns nächste Woche in ihrem neuem Büro treffen. Weitere Formalitäten bekommen Sie in den folgenden Tagen zugeschickt.“, mit den Worten verabschiedete er sich von Mikhail. Der noch einige Minuten auf dem Sofa nach dem Gespräch verharren blieb, um die Unterhaltung noch einmal zu reflektieren. Er fuhr mit seinen Händen übers Gesicht und überlegte sich, wie er es ihr erklären sollte. Sein Körper spannte sich an und auch sein Magen verkrampfte sich, wenn er daran dachte sobald er zu Hause war. Im Konflikt mit sich selbst, entschied er sich dennoch nach Hause zu fahren. Dabei geriet er in einem Stau, dass durch ein Autounfall verursacht wurde, womit es die Heimfahrt in die Länge zog. „Wow, kann man das Timing nennen?“, kommentierte jemand auf Beifahrersitz, der sich um einen Freund von Mikhail handelte. Frustriert über die Situation, schlug Mikhail seine fluchend Handfläche gegen das Lenkrad. „Das wird Stunden dauern... Sorry Ted.“
„Kein Ding, du hättest das nicht wissen können.“, lachte Ted und winkte ab. Mikhail erwiderte ein Lächeln auf die Geste des anderen. Ted war jemand, den Mikhail aufgrund der lockeren, jedoch aufrichtigen Art schätzte. Zumal es sich um jemanden handelte, der anderen ein Lächeln über die Lippen zauberte, ohne dabei wirklich was großes zu tun. „Jedes mal wenn du nach Hause fährst, siehst du so aus als ob die Welt untergehen würde. Hast du Streit mit Violette?“ Bei der Frage fasste er sich an Kinn. „Nicht unbedingt. Sie hat halt momentan ihre Phase.“
„Ah, die Masche wieder. Hast dir da keine leichte Frau geangelt, aber das habe ich dir schon oft genug gesagt.“
„In letzter Zeit haben wir häufiger Unstimmigkeiten... Ich möchte sie daher etwas milder stimmen, nur bin ich nicht wirklich gut darin.“
„Hm... Vielleicht solltet ihr zusammen baden, oder zusammen essen gehen.“
„Aber was ist wenn ihr nicht danach ist.“
„Lass mich raten. Du hast nicht gefragt, weil du geglaubt hast, dass sie nach der Arbeit viel zu erschöpft ist. Habe ich Recht?“ Schweigend nickte Mikhail worauf Ted ihm auf den Rücken klopfte. „Mach dir keinen Kopf. Sie wird sich bestimmt über deine Beförderung freuen. Außerdem liebt sie dich wirklich, daher würde sie sich bestimmt über alle Vorschläge freuen.“
„Du hast recht.“
Erst nach drei Stunden kam er zu Hause an, die ihn wiederum vorkamen wie eine Ewigkeit. Etwas erschöpft ließ er seine Tasche fallen. „Ich bin wieder zu-“ Seine Worte blieben im Halse stecken als ihm die Kartons im Flur auffielen. Am Ende des Flurs trat eine junge Frau mit schlanker Figur hervor. Die zierliche Brünette war gerade dabei, die Kartons übereinander zu stapeln. „Willkommen zurück, Mikhail.“, begrüßte sie mit einem matten Lächeln. „Violette... Was hat das hier zu bedeuten?“
„Ist das so schwer zu erkennen? Ich ziehe aus.“, sagte sie mit in einem gelassenen schon beinahe gleichgültigen Ton. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, wirkte diese erschöpft. Dennoch machte sie sich weiter an die Arbeit. Sie ließ sich auf den Boden des Wohnzimmers nieder. Mikhail wusste nicht was er sagen sollte. Immer noch stand dieser starr da und schaute zu, wie deren Wohnung immer mehr an Details verlor, das sie eins gemeinsam eingerichtet hatten. „Willst – du nichts sagen?“ Stumm löste Mikhail sich von der Starre, die ihn für einige Minuten an der Stelle festhielt. Anstatt auf ihre Frage einzugehen, zog er sich die Schuhe in Ruhe aus und löste die Krawatte und verschwand in der Küche für einen Augenblick. Eine Routine, die er immer tat sobald er Heim war. Mit einer Flasche Bier kehrte er ins das Wohnzimmer zurück, doch anstatt sich am Tisch hinzusetzen, gesellte er sich wortlos neben ihr. „Wenn dass deine Entscheidung ist, dann akzeptiere ich diese.“ Sie hielt inne bei seinen Worten. „Ist das wirklich alles, was du zusagen hast? Ist das alles?!“, fuhr sie ihn fassungslos an, ihre Stimme zitterte vor Wut wobei sie ihn mit ihren Fäusten gegen Brust schlug. „Dich zu verletzen, wäre das Letzte, was ich tun würde. Und wenn du damit glücklicher bist -“ „Du lügst, du lügst, du lügst! Du hast mit dieser Lisa eine Affäre! Ich weiß es! Ja, ich weiß es weil alle mir gesagt haben, was für eine H*** sie ist!“, schrie sie mit gebrochener Stimme. Ihr Anblick zerriss ihn geradezu das Herz, sie so zu sehen, machte ihn zu schaffen. „Du hast mir versprochen mich glücklich zu machen! Aber stattdessen... Stattdessen triffst du dich immer heimlich Nacht mit ihr? Wieso hast du mit ihr geschlafen?!“ Ihre schrille Stimme hallte durch die Wohnung. Tränen sammelten sich in den müden Augen. Mikhail nahm ihre Hand und zog diese an sich. Dabei hielt er sie nun fest in seinen Armen und machte keine Anstalten diese loszulassen, obwohl sie sich heftig dagegen wehrte. Nach einiger Zeit beruhigte sie sich und blieb nun in seinen Armen. Auch seine Arme hatten sich inzwischen gelockert. Sein Rücken dabei an die Wand gelehnt, spürte er wie Violette seine Wange berührte und ihn anlächelte: „Mikhail... Du wirst mich nicht verlassen oder? Du liebst mich dafür viel zu sehr, oder?“ Er spürte sich ihre Fingernägel in seiner Wange entlang bohrten und schloss seine Augen. Sie lachte bei leise vor sich hin. „Ich... brauche dich.“
„Und genau deswegen werde auch bei dir bleiben.“, sprach er beruhigend auf sie ein und streichelte ihr mit einer Hand übers Haar, bis sie einschlief. Er betrachtete ihr friedlich, schlafendes Gesicht für eine Weile und fuhr mit der Hand übers ihre zarten Wangen. Ihr Zustand war alles andere als normal und immer mehr keimte in ihm das Gefühl auf, dass sie sich immer von ihrem Verstand entfernte. Nachdem sie einschlief, brachte er sie zu Bett und legte sich zu ihr. „Gute Nacht.“, flüsterte er und wachte einige Stunden über ihren Schlaf bis seine Erschöpfung doch gewann und ihn zwang zum einschlummern zwang. Sein leises Atmen signalisierte ihr, dass er bereits schlief, worauf sie ihre Augen aufriss. Lautlos setzte sie sich vom Bett auf, den Blick dabei starr auf Mikhail gerichtet. „Du hast mir versprochen mich nie zu verlassen.“, wisperte sie. Sie legte ihren Kopf schief, während sie den Anblick genoss. Bei dem friedlichen Gesichtsausdruck ihres Lebensgefährten kamen ihr verschiedene Gedanken in den Sinn, die unkontrolliert Bilder in den Sinn riefen. Bilder von ihm und der Blondine, die mit ihm arbeitete. Ihre Augen weiteten sich als sie sein lächelndes Gesicht vor sich sah. Ihre Augen wanderten zur Porzellanvase, die auf dem Nachttisch neben ihr stand. „Warum hast du mich nur belogen?“

03 Jan 2015

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