5. Record

Deine Stille gebührt mir

Das Lachen eines Kindes, dass neben ihm her ging und seine Hand hielt. „Ich werde dich nie alleine lassen. Versprochen.“, hörte er die Stimme des Kindes zu ihn sprechen. Die Augen wanderten zu der Hand, die genauso groß waren wie seine. Ein automatisches Nicken. Es war ein Ereignis, dass ihm fremd aber zur selben Zeit vertraut war. Er ließ sich von dem Kind mitziehen, doch egal wie sehr er sich auch bemühte das Gesicht zu identifizieren. Eher wie ein Fremdkörper ersetzte ein länglicher Kopf mit drei Augen, die immer kleiner wurden den Kopf. Eine abstrakte Darstellung von einem Kind, dass ihn anzulächeln schien. Zumindest wirkte es auf ihn so. Ein unvorhersehbares Piepsen ertönte in seinem Ohr, dass sein Trommelfell versuchte zum platzen zu bringen, brach den Versuch seiner Erinnerungen auf der Spur zu kommen ab. Schweißgebadet riss Mikhail seine Augen auf. Mit schmerzverzerrten Gesicht fasste er sich am Kopf, der nach dem Prozess dröhnte. Gegenüber ihm tickte im statischen Rhythmus ein Metronom auf einem Mahagonitisch, der von verschiedenen Gravierungen veredelt wurde. Kleine geordnete Figuren dekorierten den eleganten Tisch, dahinter eine Frau mit dunklen Haaren im Anzug, die sich an seinem Lederstuhl vor lehnte um ihre Hände auf dem Tisch zusammen zu falten um sich damit ans Kinn stützen zu können. „Anscheinend haben Sie wieder an der Stelle aufgehört, wo wir bei unserer letzten Sitzung angesetzt haben.“, sprach sie in einem heiseren Ton einer alten Frau aus, die nicht zu ihrem Äußeren passte. Mikhail ließ sich in den Sessel sinken. Er brauchte noch etwas Zeit bevor er auf die Worte der Älteren eingehen konnte. Was ihr durchaus bewusst war, weshalb sie in der Wartezeit bereits einige Sachen auf ihren Block notierte, den sie bereits auf dem Tisch bereit hatte. „Es ist immer wieder derselbe Zeitpunkt wo das Piepsen den Prozess unterbricht. Ich habe das Gefühl dass es an mir selber liegt.“, erläuterte Mikhail nachdem er wieder ein wenig zu sich kam. Alleine das zuhören erforderte ihm nach diesem Verfahren viel Kraft. „Es ist nicht daraus auszuschließen, dass sie eventuell als Kind an einem Trauma gelitten haben. Zumindest würde, es die Narben an ihrem Körper erklären.“
„Ein Trauma... Aber das würde mein Handeln nicht erklären. Ich habe den Menschen Schaden zugefügt, der mir am meisten liegt.“
„Können Sie mir Ihren Zustand genauer beschreiben? Waren Sie in Trance, haben Sie etwas Schlechtes geträumt in dem Zeitpunkt?“
„Nein, ich... Ich war noch bei Sinnen. Aber mein Körper hat von alleine reagiert.“
„Glauben Sie das ihr Handeln mit dem Verhalten Ihrer Lebensgefährtin zu tun haben könnte?“
„Nein, ich hege keinen Groll gegen sie.“, fügte er hinzu wobei er merkte, dass seine Brust sich in dem Moment zusammenzog. Ein unerträglich, erdrückendes Gefühl breitete sich in seinem Innerem aus, dass ihm leichte Übelkeit bereitete. Mit einem Nicken notierte diese weitere Stichpunkte innerhalb ihrer Konversation. „Nun... Sie haben mir damals erzählt dass Ihre Beziehung zu Ihrer Lebensgefährtin zu einem vorherigen Zeitpunkt etwas kompliziert gewesen sei.“, erinnerte die Frau ihn, wobei sie ihre Brille abnahm und diese auf dem Tisch platzierte dabei Mikhail mit einem recht nachdenklichen Ausdruck betrachtete. „Ja...“, stimmte Mikhail zu, der sich daraufhin selber nicht mehr sicher war, wie er seine momentane Emotionslage einschätzen konnte. „Meinen Sie nicht dass es darauf zurückzuführen ist, dass Sie aufgrund Stress von Beziehung und Arbeit einen emotionalen Zusammenbruch ausgelöst hat?“
„Nein, ausgeschlossen. Ich habe keinen Grund ihr Leid zuzufügen. Sie... Hat schon zu viel Leid erfahren und das bereits vor der Zeit als wir uns kennengelernt hatten.“ Mikhails Stimme bebte bei seinen letzten Worten. Immer noch verspürte er Reue über sein unkontrolliertes Handeln. Nie hätte er gedacht, dass es so weit kommen würde dass Violette aufgrund ihn zu Schaden kam. Daran zurück zu denken schnürte seine Brust noch enger zu, dass es beinahe schon unerträglich war. Seine Hände ballten sich zur Faust unterdessen sich eine angespannte Atmosphäre in den Raum legte. Nonchalant tickte die Frau mit ihrem Kugelschreiber auf dem Tisch. „Sagen wir, dass wir mit diesen Punkt für heute Schluss machen. Ich bin nicht darauf aus die Wahrheit aus Ihnen auszuquetschen. Schließlich sind meine Sitzungen da, damit wir für Ihre Probleme eine Lösung finden.“, beruhigte sie ihn mit einem verständnisvollen Lächeln worauf Mikhails Anspannung etwas nachließ. Doch ganz wollte diese nicht verschwinden. Mikhail zwang sich ein Lächeln auf den Lippen, doch seine Verunsicherung blieb.
„Ich danke Ihnen, Doktor Mireley.“
„Dafür nicht. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und achten Sie bitte darauf dass Sie sich Ihre Arbeit nicht zu Kopf steigen lassen.“, verabschiedete Doktor Mireley sich worauf Mikhail ihr zunickte bevor er den Raum verließ. Nachdem er die Tür hinter sich schloss, nahm er sich einen kurzen Augenblick um tief ein Luft holen zu können und schließlich alles auszuatmen um sich ein wenig zu beruhigen. Er konnte es sich nicht leisten in solch einem Zustand auf der Arbeit zu erscheinen. Auf dem Weg aus dem Apartment, stieß er unbeabsichtigt jemanden an. Das Rascheln von Papier zusammen mit einem dumpfen Aufstoßen von Plastik auf dem dunkelbraunen Laminatboden ertönte. „Es tut mir Leid.“, entschuldigte er sich und beugte sich runter um die Sachen aufzusammeln, die nun zusammen mit den Mappen auf den Boden zerstreut hatte. Die Person beugte sich ebenfalls zu den Sachen runter und sammelte diese ein wenig hysterisch ein. „Es war meine Schuld. Ich war zu sehr in Gedanken gewesen.“, erwiderte sie, die sich um einen jungen Mann handelte, den Mikhail vom Aussehen her Anfang zwanzig schätzte. Mit seinen zerzausten dunklen Haaren und der Brille, machte der Kerl mit dem ovalen Gesicht einen leicht schusseligen Eindruck. Man hätte meinen können, dass er sich um einen Harry Potter in der Realität handelte. „Danke, danke. Ich hätte nicht gewusst, was ich hätte machen sollen, wenn ich eines der Dokumente verloren hätte.“, bedankte der Fremde sich, der dabei seine Brille zurecht rückte. „Mach nichts. Das kann ja mal passieren.“, lachte Mikhail, der ihn leicht gegen die Schulter klopfte und danach seinen Weg fortsetzte. Die Augen des jungen Mannes folgten Mikhail, bis dieser hinter der Tür des Apartments verschwand. Im Büro angekommen, entfuhr Mikhails Kollegen ein abfälliges „Tch!“ von den Lippen als dieser seine Anwesenheit bemerkte. Dieser handelte sich um niemand anderes als Head Agent Prisha. „Es ist immer wieder schön wenn man so herzlich begrüßt wird.“, lächelte Mikhail, der sich an seinem Platz niederließ. Er wandte sich zu der Person, die bei Ian stand und Mikhail grüßend zu nickte. Special Agent Sophie Capolt, eine junge Frau mit recht kindlichen Zügen. Eine sehr zurückhaltende Person im Verhältnis zu den anderen Special Agenten, die er kannte. Viel hatte er bisher nicht mit ihr zu tun gehabt. Ihre große Augen ließen die eigentlich 22-jährige wesentlich jünger erscheinen als sie eigentlich war. „Es kommt etwas spät aber ich gratuliere Sie für Ihre Beförderung, Mr. Graham.“ Ein freundliches Lächeln formte sich über die schmalen wohlgeformten Lippen des Special Agents, worauf Mikhail sich bedankte. „Ich habe gehört dass ihr gerade an dem Fall Miss Jackson arbeitet. Wie laufen die Ermittlungen voran?“, hakte Mikhail nach, der jedoch eine schnippische Antwort von Ian erhielt: „Wir sind recht gut dran, da nur innerhalb des Bezirkes Opfer von ihr aufgefunden worden sind. Können wir daraus schließen dass sie sich um jemanden handeln muss, der offensichtlich als jemand arbeitet, der viel herum fährt. Noch irgendwelche Fragen? Wenn dem so nicht ist, denke ich dass deine Arbeit hier erledigt ist und du dich wieder zurück in dein Büro verschanzen solltest, Sophie.“ Anstatt darauf einzugehen, wandte sie sich stattdessen Mikhail zu. „Wenn Sie mich entschuldigen, Head Agent Graham.“ Mit einem süßen Lächeln verabschiedete diese sich von den Männern. Andere Head Agents warfen Ian komische Blicke zu, die ihn er gekonnt ignorierte. Denn nachdem der Special Agent vom 2. Squad den Raum verließ, entspannte Ian sich merklich. Interessiert hob Mikhail eine Braue als Ian sich mit einem Schnauben zurücklehnte. „Habe ich einen Pickel auf der Nase oder was?!“, keifte Ian ihn an.
„Ich denke nicht dass du deinen Special Agent so behandeln solltest. Das ist alles.“
„Willst du mir etwa eine Standpauke halten und mir sagen, was ich zu tun und zu lassen habe? Das ist wohl ein schlechter Scherz.“
„Ich will dir nur einen Rat geben, ansonsten sticht sie dir vielleicht irgendwann in den Rücken.“ Ian schaute nicht schlecht über die Wortwahl seines Gegenübers. Er war zu perplex um sofort reagieren zu können, doch bevor der Braunhaarige zu Wort kam, fiel Mikhail ihm ins Wort: „Ich habe in meiner Special Agent Zeit auch mit ihr zu tun gehabt. Zwar nicht viel aber mir sind durchaus Gerüchte zu Ohren gekommen. Ich habe nicht vor ein Gegenstandes ihres Spottes zu werden. Also danke, für deine Verteidigung eben.“ Genervt fuhr sich Head Agent Prisha mit der Hand übers Gesicht während Mikhail ihn anstrahlte. Fluchend wandte sich Ian dann seinem Monitor wieder zu. Eine Weile schwiegen Beide einander an während Geräusche des Tippens der Tastaturen, Telefongespräche als auch einige Kollegen, die zum Kopierer liefen den Raum erfüllten. Mit einem Seufzen nippte Mikhail an seiner Kaffeetasse derweil er die einzelnen Berichte durchlas, die mit dem Fall vor zwanzig Jahren zusammenhingen, jedoch nicht wirklich Inhalt aufwiesen, die ihm weiterhelfen konnten. Seine Augen blieben jedoch aufmerksam an einem Bericht hängen, dass sein Interesse weckte. Es wurde kein Bild ausgestellt, doch wurde flüchtig erwähnt dass der 1. Squad erfolgreich eine Mission abgeschlossen hatte, das sechs Jahre zurück lag. In den aufgezählten Namen wurde dabei ein Inspektor Larson und Referrer Ming erwähnt. Es war lediglich persönliches Interesse, was Mikhail stutzig machte bei der Namenserwähnung als auch weshalb der Bericht in der Akte vor zwanzig Jahren lag. „Ian. Wie lange bist du eigentlich schon Head Agent?“, rief Mikhail seinem Kollegen zu. „Fünf Jahre. Hat es was mit deiner Arbeit zu tun?“
„Vor sechs Jahren gab es einen Fall woran Inspektor Ming als ehemaliger Referrer gearbeitet hat zusammen mit einem Inspektor Larson.“
„Referrer Larson kann einen schon teils auf den Sack gehen. Schon dreist dass er dir erst jetzt den Zugriff auf die Dokumente gibt und das dabei ohne jegliche Details zu erwähnen.“, seufzte Ian, der sich dabei angestrengt am Nacken fasste.
„Deinen Kommentar nach zu urteilen, scheinst du so eine Situation von ihm gewohnt zu sein.“
„Diesen. Situation. Es mag sein dass Referrer Larson über die Intelligenz verfügt, aber eigentlich ist er nicht für den Job geeignet. So wie viele Andere.“, sprach Ian aus, worauf Mikhail hellhörig wurde. Mikhails Augen wanderten schließlich wieder auf das Dokument, dass sein Interesse geweckt hatte. Zwar war Mikhail bereits einigen Ausnahmen begegnet, dennoch empfand er die Worte seines Kollegen als schlecht gewählt. Trotz der Meinungsverschiedenheiten hatte er keine Abneigung gegenüber Ian. Und das obwohl er ihn für einen genauso komischen Vogel hielt wie Larson. „Ich weiß nicht wie viel Wahrheit in deinen Worten steckt, aber wenn du es so sagst, muss da wohl schon was dran sein.“, gab Mikhail zurück, der erst jetzt das Leitbild der S.F.A.V. in Frage stellte. Ian schaute diesen verdutzt an worauf sich kurzer Zeit dann ein Grinsen über die Lippen des Braunhaarigen formte: „Du gehörst definitiv zu der Sorte Mensch... Die einen widerlichen Charakter haben.“
„Ich streite das nicht ab. Schließlich sind solche Menschen schon von Nöten um sich darüber aufzuregen.“, erwiderte Mikhail mit einem Lächeln. „Hm... Da ist wohl auch was dran.“, stimmte Ian zu, der unerwartet eine Liste dem Anderen zuschob. Perplex blinzelte Mikhail den Braunhaarigen verständnislos an. Ian verdrehte seine Augen erneut und nickte zur Bestätigung um Mikhail zu verstehen zu geben, dass die Liste an ihn gerichtet war. Zögernd nahm Mikhail diese entgegen und warf einen flüchtigen Blick darüber auf die Namen, Geburtsdaten und Adressen nach Buchstaben geordnet waren. „Du wirst kaum was von Inspektor Ming über den Fall vor sechs Jahren herausfinden und genauso von Referrer Larson. Daher ist es besser dich erst mit dem wesentlichen zu befassen. Es sind nicht viele aber... Einige davon handeln sich um Angehörige der ehemaligen Opfer des Rippers.“
„Vielen dank.“
„Mach dich gefälligst jetzt an die Arbeit.“, schnalzte Ian mit der Zunge, der sich von seinem Platz erhob und den Raum verließ. Über die Bescheidenheit von Ian konnte Mikhail nur amüsiert den Kopf schütteln.

Beim Verlassen des Büroraumes der Head Agents begegnete Ian überraschenderweise Ted, der den Braunhaarige mit einem breiten Lächeln gefolgt von einem „Yo“ begrüßte. Grimmig blieb Ian stehen und warf den Blondschopf einen genervten Blick zu. Eine übliche Reaktion, doch wenn man den 27-jährigen gut genug kannte, wusste man dass diese Geste nicht böse gemeint war. „Was hast du wieder hier verloren?“, fragte Ian in einem harschen Ton, worauf Ted's sonst so strahlendes Lächeln sich ein wenig verkrümmte. „Nicht gerade das, was man hören möchte, aber was soll's.“, erwiderte Ted, der neben Head Agent Prisha nun her ging. Stille herrschte in den Korridoren des Dreiköpfigen Gebäudes der S.F.A.V. während man beim überqueren manchmal auf einen oder anderen Kollegen traf, die sich unterhielten oder der eilig mit hastigen Schrittes grüßend an einen vorbei ging. „Und wie läuft es mit dem Miss Jackson Fall? Irgendwelche neuen Hinweise?“
„Soweit wir herausgefunden haben, scheint sie nur ein Teil eines größeren anzugehören. Sowohl als Tatort als auch Mordweisen wurden von verschiedenen Höhen und Winkel ausgeführt. Daher liegt die Vermutung vor dass es sich um mehrere Personen handelt, die unter den Namen Miss Jackson ihre Mordserie ausüben. Alles weitere werde ich dir erläutern, wenn wir am Tatort sind und uns die Leiche angeschaut haben.“, erklärte Ian als sie in den Aufzug stiegen, der sie zur Garage brachte wo bereits die anderen Mitglieder des 2. Squads warteten. Ein breit gebauter Schrank in Höhe von zwei Meter mit einer blonden Locke als auch ein Mustage in derselben Farbe stand mit zwei weiteren Personen vor einem Transportauto. Ohne jegliches Wort stiegen sie nach der Anwesenheit des Head- und Special Agents in den Wagen. Erst während der Fahrt sprach schließlich die einzige Frau in der Gruppe, womit sie die Stille brach. „Wie kommt es eigentlich dass Special Agent Capote nicht bei uns ist?“, hakte die Dunkelhäutige nach, die sich um eine attraktive großgewachsene Frau handelte mit Katzenartigen grünen Augen. „Special Agent Capote habe ich beauftragt mit Doktor Wiston die vorherigen Opfer nochmal anzuschauen und die einzelnen Aufzeichnungen durchzugehen.“, erläuterte der Riese, der sich um niemand anderes handelte als Inspektor Crowford, der durch sein kräftiges Gesicht als auch der extrem Muskelmasse auffiel sowie seinem hellen Hautton und den blauen Augen. „Ah und wie kommt es dass ich davon nichts mitbekomme habe?“, hakte die Dunkelhäutige nach, die eine Braue hob und dabei Ian ansah. Dieser wich den scharfen Blick seines Head Referrers aus, deren Name Xalisha Timston lautete. „Es ist immer wieder schön zu sehen, dass ihr so lebhaft miteinander umgeht oder Head Agent Prisha?“ Am liebsten hätte Ian Ted in dem Moment eine verpasst. Außer ihn schien nämlich niemand die Ironie des Special Agents aus der Tonlage raus zuhören, der noch nicht mal festes Mitglied des 2. Squads war. Der Inspektor lachte daraufhin mit einer kräftigen auffällig tiefen Stimme herzhaft und stimmte Ted zu. Die restlichen Anwesenden erwiderten kein Kommentar, derweil sie alle in verschiedenen Richtung schauten. Nur Ted und Inspektor Crowford unterhielten sich auf den Rest des Fahrweges. Wie eine gefühlte Ewigkeit kam es Ian vor, der schon die bloße Anwesenheit der Anderen genervt war. Eine Viertelstunde verging bis schlussendlich ans Ziel kamen, wo bereits die Polizei eingetroffen war und der Inspektor den Squad empfing. Ein magerer Mann, der nur aus Haut und Knochen bestand mit einem schmalen Gesicht. In seinen Augen zeichnete sich die Müdigkeit, die durch die dunklen Tränensäcke sich erkennen gaben. „Guten Tag Inspektor Guffin, Sie sehen gut aus.“, begrüßte Crowford, dessen Worte steht' s loyal gegenüber seiner Mitmenschen war. Der hagere Mann der sich um Inspektor Guffin handelte lächelte freundlich auf die herzliche Begrüßung, des Anderen: „Vielen dank. Sie ebenfalls Inspektor Crowford.“ Die gekonnte Freundlichkeit, die sich auf Gegenseitigkeit zwischen den Inspektoren beruhte, war dem Braunhaarigen zuwider, der sich ohne jeglichen Vorwand zur Leiche begab. Da er sich sicher sein konnte, dass die Inspektoren noch eine ganze Weile miteinander beschäftigt waren. Der Ort an dem die Leiche aufgefunden wurde, handelte sich um einen übermenschlich großen Baum, der königlich über das Gerstenfeld ragte. Schon mächtig wirkte dieser mit seinen dicken Ästen und den bereits über Jahre verfärbten grauen Stamm. Allein als er bei der Fahrt schon feststellen musste, dass sie sich bereits außerhalb der Stadt inmitten einer Einöde befanden wurde ihm bewusst, dass sich der Fund der Toten nur um pures Glück handeln musste. Dennoch wohl kaum ein normal denkender Mensch auf die Schnappsidee kommen an einem solch ablegenden Ort rum zu horten. Zumindest nicht wenn man ein Feldarbeiter war. Ironie dass die ablegenden Landschaft noch zum Bezirk von Miss Jackson gehörte. Einige Polizisten standen um den Fundort im Halbkreis während eine Sperrung Schaulustige – von denen es gar keine gab – blockieren sollte. Angekommen hielt Ian den Polizisten sein Abzeichen hin und stellte sich entsprechend vor. „Ich bin hier im Auftrag der S.F.A.V. um einen genaueren Blick auf den Tatort zu werfen.“, erklärte er den Polizisten, der sein Gesicht grimmig verzog und mit der Zunge schnalzte. Es brauchten keine Worte um zu beschreiben, was seine abwertende Mimik aussagte: „Jung und erfolgreich. Ja, dass ist das was die verdammte Gesellschaft von den Hosenscheißern heutzutage erwartet. Schließlich will jedes Land in einem guten Licht stehen. Dabei wird übersehen dass die Rotzgören immer noch nicht ganz trocken hinter ihren Ohren sind. Und die sollen uns ersetzen, mit ihrer Intelligenz? Das ich nicht lache! Diese Lümmel sollen sich nichts einbilden und sich besser wieder in ihren Windel verkriechen um weiter an den Titten ihrer Mama zu lutschen!“ Wie einfach es war einen Menschen zu durchschauen. Alleine Gestik oder Ausstrahlung als auch die Tonlage reichte aus damit Ian sich ein Bild machen konnte. Das seine Einschätzungen über sein Bild einstimmte, beruhte sich schließlich nach einiger Zeit auf Tatsachen. Und genau diese einfache widerliche Verflochtenheit hasste er so sehr an seinen Mitmenschen. Soweit die Geschichte der Menschheit auch zurückreichte, hatte er nie einen Fund von Anstand finden können, das angeblich unter Menschen weilen sollte. „Kommt noch eine Antwort? Oder soll ich mir Platz machen?“, warf Ian ein, dessen Wut weiter zunehmen würde, wenn er seine Zeit mit den Polizisten länger vertrödeln müsste. Wortlos machte der Polizist ihm Platz, dessen Augen jedoch weiterhin grenzwertig auf den Braunhaarigen gerichtet. Ian drängte sich an den Mann vorbei ohne ihn noch weiter Beachtung zu schenken, um sich endlich seiner Arbeit widmen zu können. Nachdem er seine Handschuhe angelegt hatte, kniete er sich zu der Leiche runter. Dessen Hände zusammengefaltet waren und der Körper vor dem Baum kniete. Die Haltung wurde durch eine Konstruktion mit Schiffsseilen stabilisiert. Am Baum direkt über das Opfer die Worte; Hide and Seek eingeschnitzt mit einem Messer. Gerade als er das Haar zur Seite heben wollte um sich das Gesicht des Opfers näher anzusehen, spürte er die Anwesenheit einer weiteren Person hinter sich. Reflexartig sprang der Braunhaarige auf um sich schlagartig zu der Person zu wenden. „Hast du sie noch alle?!“, entfuhr es dem Head Agent, dessen Herz beinahe gefühlt in die Hose gerutscht wäre nachdem er feststellte, dass der Fremde sich nur um Ted handelte. „Ich habe nur gesehen wie du einen Abgang gemacht hast und bin dir gefolgt, da ich weiß dass dir Leichen lieber sind als Lebende.“, scherzte Ted, der seinen Vorgesetzten auf die Schulter schlug. „Fick dich!“, schnauzte Ian ihn an, der sich wieder seinem Vorhaben zuwandte. Das gefasste Gesicht des Braunhaarigen veränderte sich schlagartig beim identifizieren des Opfers, dass sich unter den langen Haaren und den verhunzten Körper verbarg. Auch Teds Miene schlug schlagartig um bei dem Anblick der aufgerissenen blauen Augen, die sich ihm offenbarten. Es waren Jahre her, dennoch hatte sich das Gesicht des Mannes tief in das Gedächtnis der Beiden eingeprägt. „Steh nicht so dumm rum, hol die Anderen!“, fuhr ihn Ian an worauf Ted sofort handelte.

19 Aug 2015

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