9. Record

Echo

Leise lief die Musik im Hintergrund, während sich Minya mit seinem Kunden unterhielt und dabei die Kugeln unter der Haut schob. Eine eigene Art von Kunst, die in anderen Augen als abstoßende Vorstellung betrachtet wurde. „Hast du heute Abend eventuell Pläne?“, hakte Minya nach, der dabei nach einem anderen Werkzeug griff, um sein Werk zu vollenden. „Ich wollte heute mit meiner Familie ausgehen. Meine Frau wird bestimmt Augen machen.“, erzählte der Mann euphorisch, der mit seiner Glatze und dem strengen Blick einen bedrohlichen Eindruck machte, was sein massiver Körperbau zusätzlich unterstrich. „Familie, huh?“
„Du bist nicht der einzige, der so reagiert hat. Aber vermutlich bekommst du etwas öfter solche Blicke.“, vermutete der Mann lachend, der dabei gar nicht so falsch lag. Es war eine vollkommen normale Reaktion, jemanden aufgrund seines Äußeren abzustempeln. Auch er hatte dies bereits häufig erlebt, dass man ihm komische Blicke zuwarf, sobald er das Wort Familie, Liebe oder gar Beziehung in den Mund nahm. „Ja, das stimmt. Gibt es einen besonderen Anlass, dass du mit deiner Familie heute essen gehst?“
„Mein Sohn hat heute Geburtstag, da wollte ich ihm auch eine Freude bereiten. Da er das kleine Monster vom Fernseher mag und es davon ein Restaurant gibt, haben ich und meine Frau uns überlegt, dass es eine schöne Idee wäre, dort zusammen essen zu gehen.“
Bei der Unterhaltung handelte es sich nur noch um eine schwebende Erinnerung, während der Herbstregen kalt auf der bereits bleichen Haut des Mannes aufschlug und Minya ihn mit seinen dunklen Augen betrachtete. Blut strömte über den Boden. Stumm kniete er sich zu dem Toten nieder und suchte seine Taschen ab, bis er auf das Portemonnaie stieß und ein Bild daraus entnahm. Eine Frau mit einem hübschen Gesicht, die vom Erscheinungsbild her nicht zu ihm passte, lächelte in die Kamera, während der Mann einen kleinen Jungen auf den Schultern trug. Er schloss seine Augen kurz und steckte das Bild wortlos wieder zurück in dem Geldbeutel, den er anschließend neben die Leiche hinlegte. Der Tod war eine fatale Falle, die jeden treffen konnte - an jedem Ort. Es spielte dabei keine Rolle, welchen Stand du hattest, noch um wen es sich bei dir handelte. Die Augen des tätowierten Mannes richteten sich nun in die dunkle Einbiegung der Gasse. Durch die grauen Wolken, die über den Himmel wie ein Schleier hingen, wirkten die Gänge zwischen den hohen Gebäuden wesentlich düsterer als sie es bereits waren. Selbst die Sonnenstrahlen wurden durch die engen Biegungen und die schmalen Gänge blockiert. Ob Tag und Nacht ... an diesem Areal machten die Stunden keinen Unterschied. Vergilbte Wände, die über die Jahre bereits angeschlagen waren und mit Graffiti versehen wurden. Offene Müllbeutel, die teilweise unbekümmert inmitten des Weges lagen. Einige davon aufgerissen.Vermutlich von armen Würmern, die sich erhofften, noch etwas essbares darin auffinden zu können. Eine Gasse, die von Unzucht und Tod gezeichnet war. Niemand wagte es, diesem dunklen Ort jegliche Beachtung zu schenken, aufgrund der Menschen, die in der Gesellschaft nicht toleriert wurden. Er nahm sein Handy und schaltete auf Anruf. Noch nicht mal nach einer halben Sekunde nahm jemand seinen Anruf entgegen: „Er dürfte nicht weit gekommen sein, die Fußspuren im Schlamm sind noch recht frisch. Ich möchte, dass ihr jegliche Ausgänge blockiert und ihn mir lebend bringt.“
An der anderen Seite des Hörers wurde nach der folgenden Information aufgelegt. Stumm folgte der Dunkelhaarige den Spuren in einem gemütlichen Tempo, während er den einzelnen Geräuschen folgte und jedes Detail und jede Veränderungen, die durch die fallenden Tropfen auf die verschiedenen Gegenstände aufschlugen, wahrnahm. Er schloss kurz seine Augen und lauschte dem Hecheln der Person, die versuchte zu fliehen. Er würde dafür sorgen, dass diese Person nicht weit kommen konnte.
Aufmerksam wanderten die Augen des Mannes durch sein Umfeld, um sicherzugehen, dass ihn keiner beobachtete. Der Regen nahm inzwischen zu und prasselte gnadenlos auf die bereits durchnässte Haut, die von der Kälte inzwischen taub geworden war. Zu seinem Vorteil hatten die Regentropfen die noch sichtbaren Bluttropfen an seiner Regenjacke inzwischen verwischt. Dennoch lag ihm die Last seiner Tat noch schwer im Magen, so dass er sich inmitten seines Grinsens übergab - die dickflüssige Masse, die sich unter seinen Händen ausbreitete, mit denen er sich vom Boden abstützte. „Nein, die Spuren. Ich muss meine Spuren beseitigen.“, fiel dem Mann entsetzt ein, der sich nun dran machte, seine Beweise zu vertuschen. Verloren suchte er inmitten der herumstehenden Eimer nach Möglichkeiten. Zu laut klatsche der Regen auf seine Jacke hinab, so dass er die andere Anwesenheit nicht wahrnehmen konnte, die sich ihm nährte. Wortlos schritt die Person auf den unachtsamen Mann zu und trat ihm schließlich in die Kniekehle, worauf der Mörder umknickte und stürzte. Grob packte man ihn am Kragen und zog diesen hoch, worauf eine Faust gegen seine Wange folgte. Mehrere Schläge wurden auf diesen eingehämmert, bis dieser schließlich schwarz sah. Der Angreifer ließ den Mann zu Boden fallen und holte sein Handy hervor, damit er seine anderen Kameraden kontaktieren konnte: „Ich habe ihn.“
Etwas kaltes flüssiges, das seinen Kopf anfeuchtete und ihm die Luft nahm, holte ihn langsam wieder bei Sinnen zurück. Etwas benommen schaffte er es trotzdem die Gegenwart anderer zu spüren. „Er scheint wieder wach zu sein.“
„Hat doch funktioniert, obwohl es mir doch lieber gewesen wäre, ihm den Kopf abzufackeln.“ Panisch versuchte er sich nun umzublicken, bei den fremden Stimmen, die ihm nicht geheuer waren. Doch nur schmale Lichtstreifen fielen durch eine Art Filter um seinem Kopf. Ihm wurde bewusst, in was für einer Lage er sich befand. Bevor er schreien konnte, nahm man ihm den Sack vom Kopf und er erblickte vier Männer vor sich. Einer darunter unterschied sich stark von den anderen, durch die schwarz durchzogene Hornhaut und den Tätowierungen, die seinen Körper schmückten. Dieser beugte sich penetrant zu ihm vor und schien sein Gesicht zu analysieren. „W-w-wer seid ihr?!“, fuhr der Mann ihn aufgebracht an, der dabei den Schwarzäugigen mit den roten Pupillen vor Aufregung beim Sprechen anspuckte. Die restlichen um ihn herum brachen daraufhin in Gelächter aus. Minya ließ von dem Mann ab und wischte sich den Speichel bei dem Sweatshirt eines Kollegen ab. „Kannst du es nicht an jemand anderem abwischen?“, entgegnete dieser genervt. Minya patschte den anderen daraufhin auf den Kopf, der fast genauso groß schien wie er selbst. „Ihr könnt mit ihm tun und lassen was ihr wollt, aber versucht, so viel wie möglich aus ihm herauszubekommen, bevor er abkratzt.“

Eine bedrückende Stille herrschte zwischen Mikhail und Ian, während sie die Straße herunter fuhren. „Hast du irgendwas interessantes mitbekommen?“, hakte Mikhail nach, dem die Stille langsam zu unangenehm wurde obwohl die Musik im Hintergrund lief. „Nichts relevantes, was neu ist. Und bei dir?“
„Ich habe im Aktenraum ein Notizbuch mit Tagebucheinträgen aufgefunden, die von Larson stammen müssen.“
„Anscheinend Larsons Tun… Hast du da etwas gelesen, was uns weiterhelfen könnte?“
„Gefühlt sein ganzes Leben. Ich konnte mir noch nicht alles durchlesen.“
„Dann werden wir es uns nachher genauer nochmal ansehen, wenn wir den Besuch hinter uns gebracht haben.“, schlug Ian vor, worauf Mikhail ihm zustimmte. Die Gebäude, die sich im N‘uest Viertel befanden, befanden sich in einem schäbigen Zustand im Verhältnis zu den Vierteln, wo sich Mikhail normalerweise aufhielt. Stumm beobachtete der 22-jährige wie Kinder mit zerlumpter Kleidung, den Gehweg herunter schlenderten. In den Augen spiegelte sich innere Leere wieder, dessen Anblick ihn erschaudern ließ. „Wir sind da.“, sagte Ian, der dann parkte. „Ich finde es erstaunlich, dass dieses Gebäude eine Anstalt sein soll...“, stellte Mikhail erstaunt fest, der zu dem Bunker aufsah, der aus massiven Material befand und sich von allen anderen Häusern in dem Viertel hervorhob. „Das hatte ich auch gedacht, als ich zum ersten Mal hier war.“, gab Ian zurück, der sich eine Zigarette anzündete. „Tja… Da bin ich mal gespannt, um was sich Stella Keys für eine Person handelt.“
„Sobald sie mit einem Messer auf dich losgeht, ist das wohl nichts neues für uns.“ Ian verdrehte bei der Vorstellung nur die Augen. Erst innerhalb des Bunkers erkannte Mikhail wieder, dass es sich um eine Anstalt handelte. Das sterile weiß gemischt mit dem hellen Fußboden erinnerte ihn etwas an den Stockwerk, wo Larson sich im S.F.A.V. aufhielt. Obwohl es von außen etwas bedrohliches ausstrahlte, wirkte es innerhalb der Wände sehr angenehm, was den 22-jährigen wunderte. Als sie schließlich im neunten Stockwerk ankamen, war das erste was sie hörten Musik. „Vermutlich halten sich alle Patienten im Stockwerk gerade im Versammlungssaal auf, desto besser.“, sagte Ian, der ohne zu zögern der Musik folgte. Mikhail hatte seinen Kollegen schnell eingeholt und hielt diesen davon ab einfach die Tür aufzureißen. „Warte, wir können nicht einfach rein platzen! Was ist wenn sie in Panik geraten? Das würde uns auch nicht weiter bringen, denn dann wird Keys erst recht nichts von sich Preis geben!“ Auf die Worte des Jüngeren, ließ Ian vom Türknauf ab und deutete Mikhail mit einer Kopfbewegung daraufhin, dass der 22-jährige dies übernehmen sollte. Mikhail hob dann die Hand und klopfte gegen die Tür, worauf diese sich kürzeste Zeit öffnete und eine hübsche Brünette ihren Kopf hervorlugte. „Wer ist da?“, hakte sie in einem erstaunlich kindlichen Ton, die Ian das Gesicht verziehen ließ indessen Mikhail nicht schlecht reinschaute. Das Gesicht erinnerte an eine elegante Statue. Mit der Porzellan glatten Haut wirkte die Frau wie ein Kunstwerk, doch das Bild wurde schnell von der unpassend unangenehmen Stimme wieder zerstört. „Guten Tag, wir sind Bekannte von Larson und würden gerne mit Stella Keys sprechen, wenn sie anwesend ist.“, stellte Mikhail sich lächelnd vor, der Ian mit einem Ellenstoß gab, der schnell wieder seine neue Mimik annahm. „Stella Keys, Stella Keys? Hm… Moment ich muss überlegen, wer war das nochmal?“, stutzte sie in einer kindlichen Naivität, die unpassend ihres Aussehens war. Unerwartet wurde die Tür nun ganz aufgerissen. „Stella, ich hab dir gesagt, dass du aufhören sollst mit dem Quatsch!“, fuhr eine junge Frau die Ältere an, die sich vor Schreck schnell hinter Mikhail versteckte. Die junge Frau, die nun die Fremden entdecke kräuselte ihre Brauen skeptisch. „Taine, Taine! Ich hab Besucher siehst du?“, sagte dann die Frau, die ihre Arme um die Schulter, der beiden Männer legte und sie zu sich zog. Die Geste war viel zu unerwartet, dass Ian oder Mikhail reagieren konnten, weshalb sie es einfach zu ließen. Zumal Mikhail auch keine Gefahr instinktiv von der Person aus wahrnehmen konnte. Ian befreite sich schnell und bestätigte widerwillig: „Ja, das sind wir und wir würden gerne mit dir unter vier Augen sprechen.“ Bevor Stella zu Wort kam, fiel ihr die junge Frau namens Taine ins Wort: „Stella ist nicht in der Lage normale Unterhaltungen zu führen, daher schlage ich vor.“
„Bevor… Wir weiter darauf eingehen können, dürfte ich wissen zu was für ein Verhältnis Sie zu Frau Keys stehen?“, hakte Mikhail nach, worauf Stella ihn neugierig musterte. Die junge Frau schaute Ian und Mikhail mit argwöhnischen Augen an. „Stella Keys ist meine Tante. Daher würde ich gerne wissen, mit wem ich es hier zu tun habe. Sie bekommt außer mir normalerweise von niemanden Besuch.“, erläuterte Taine, die dabei ihre Brille zurecht rückte. „Mikhail Graham und das hier ist Ian Prisha. Wir arbeiten für die S.F.A.V. Wir würden gerne ein Paar Fragen im Bezug zum Vorfall vor sieben Jahren stellen.“
„Stella wollen wir ein Frage Antwort Spiel, spielen mit den beiden jungen Männern?“, hakte Taine nach, worauf die Frau eifrig nickte und daraufhin der Jüngeren mitteilte, dass sie sie unglaublich süß findet. Die folgenden Worte machten die Angesprochenen etwas verlegen.
Später saßen sie draußen, während Taine und Ian etwas abseits saßen hatte Mikhail sich zu Stella gesetzt, die mit ihm zwei Plüschtieren und einer Puppe eine Teeparty nachahmte. Mikhail spielte ohne weiteres mit und tat so als ob er Tee von der leeren Tasse nippen würde. „Also Stella wie geht es dir?“, hakte er der Frau mit einem sanften Lächeln nach, die heiter erwiderte, dass es ihr so gut ging wie nie hier. „Ich bin glücklich hier. Weil alle so lieb und rein sind.“, antwortete sie in einem kindlichen Ton. „Kannst du mir etwas erzählen bevor du hier her gekommen bist?“ Auf die Frage stutzte die Frau und spielte ein bisschen mit ihren Locken herum. „PSSSHT, lass mich dir eine Geschichte erzählen. Die ist viel spannender, Tarian.“
„Aber natürlich.“, stimmte Mikhail ihr zu, der mit Taine vor dem Gespräch vereinbart hatte, dass er zu allem was sie sagte zustimmen sollte, um Komplikationen zu vermeiden. Dennoch fragte er sich, wer zur Hölle Tarian war. „Es war einmal eine Prinzessin, sie hatte sich unsterblich in einem Prinzen verliebt. Er war ein intelligenter, kluger Mann. Jemand, der sich von den anderen hervorhob… Er hatte sich liebevoll, um die Prinzessin gekümmert. Zärtlich und sanft, wohlbehütet. Ihr versprochen, dass er immer für sie da sein würde… Die Liebe blühte in voller Pracht auf, als sie ihm ein Kind gebar. Ein Kind, was sie nur für sich behalten wollte. Obwohl sie sich so abgöttisch liebten, war die Welt gegen sie… Denn es war ein Verhältnis, was hätte nicht sein dürfen. Aber es war nun mal ein Mann und eine Frau… Nur, dass sie von der gleichen Blutlinie abstammten… Er liebte sie und sie liebte ihn auch. So viele Tränen… Alles verschwommen und schwarz. Dann kam, er dieser eine Mann und hatte so fortgebracht. Sie in einem dunklen Raum gesperrt. Er sagte… Das niemand sie hier finden würde. Er hatte ihr weh getan und dabei gelacht, wenn sie geweint hatte. Ihr ganzer Körper hat geschmerzt während er sich immer härter in ihr rein stieß. Das Loch einer Hure soll zerstochen werden, hat er gesagt… Tarian… Oh Tarian. Ich bin so froh, dass du wieder bei mir bist. Ich dachte, du würdest nie wieder zu mir zurückkehren, nachdem er sie eingesperrt hatte. Diese tiefe Finsternis… Er hatte ihn ihr weggenommen… Er hat mir weggenommen. Tarian, mein Kind. Du bist so groß geworden. Tarian, dein Vater ist gestorben und ich bin eine Hure, die von einen anderen Mann berührt worden ist. Verzeih mir, mein Kind, ich habe versagt. Komm zurück, gib ihn mir wieder, mein Kind, nein, er hat nichts getan. Tarian, nimm ihn mir nicht weg! NEIN NEIN NEIN NEIN! TARIAN TAAAARIAAAAN!“ Ein yellender Schrein entglitt ihre Lippen, worauf sie das ganze Geschirr vom Tisch schmieß und weiter laut nach den Namen schrie. Mikhail stand auf und wollte eingreifen als Taine bereits zur Stelle war und sie umarmte. „NEIN! TARIAN! ES IST SO DUNKELN WO IST MEIN KIND?! DU KANNST IHN MIR NICHT WEGNEHMEN TARIAAAAAAN!“
Später standen beide Männer vor der Zimmertür, wo der Name Stella Keys versehen war. „Für einen Augenblick habe ich wirklich geglaubt, du wärst ein toter Mann. Nicht mehr lange und sie wäre wohl auch handgreiflich geworden.“, sagte Ian, dessen Augen auf die Uhr gerichtet waren. „Ich weiß nicht ob es jetzt der richtige Zeitpunkt ist darüber zu reden Ian...“
„Wenn du dass mit dem Vorfall von deiner Lebensgefährtin vergleichst, bringt dich das auch nicht weit.“
„Da ist wohl was dran…“ Als die Tür plötzlich aufging, spannten sich beide Männer an. „Was haben sie gesagt?“, hakte Mikhail nach, der reflexartig aufgestanden war. „Anscheinend ist während eures Gespräches etwas wieder hochgekommen, dass diese Reaktion ihr ausgelöst wurde. Aber das passiert in letzter Zeit häufiger.“, erläuterte Taine, die sich an der Wange kratzte. „Können Sie uns vielleicht etwas zu Tarian sagen?“, hakte Ian nach, worauf die junge Frau etwas zögerlich reagierte. Sie schaute sich um und schlug den Anderen vor, dieses Gespräch besser woanders zu führen.
Sie saßen sich zu dritt in einem Café während die junge Frau beide Hände um die Tasse legte, um sich von der Kälte aufzuwärmen, schauten die Männer sie aufmerksam an. Eine erdrückende Stille herrschte zwischen den Dreien, was offensichtlich daran lag, dass keiner von ihnen das Gespräch einleiten wollte. Es war deutlich, dass Taine zwar offen war darüber zu sprechen aber eine Art Distanz ausstrahlte, so dass es nur schwer war, überhaupt ein Gespräch einzuleiten. „Der Mann über den Frau Keys gesprochen hatte...“, begann Mikhail, der sich nicht wirklich sicher war, ob er den richtigen Ansatz gemacht hatte. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Sicherlich kann es sein, dass es sich um den Ripper handeln muss. Aber inzwischen… Inzwischen verschwimmen bei Stella Welten. Es ist nicht mehr nachzuweisen, was wahr oder nur ausgedacht ist.“
„Ich verstehe…“
„Gibt es eventuell außer dir noch andere Angehörige, die eventuell über mehr Hintergrundwissen von Frau Keys verfügen?“, hakte Ian nach, der dabei an seiner Tasse nippte. „Ich muss Sie leider enttäuschen. Tatsächlich wäre der einzige Ansprechpartner Tim Larson. Aber ich bezweifle zutiefst, dass man mit ihm ein normales Gespräch führen kann.“
„Sie irren sich. Es war Referrer Larson, der uns geholfen hat Stella Keys aufzufinden. Ich bin mir sicher, dass er weiß, dass da etwas ist und nur nicht in der Lage ist, sich richtig auszudrücken.“, erläuterte Mikhail worauf Taine ihn verdutzt ansah. „So, so hat er das?“
„Ein schlechtes Verhältnis hm? Nun, wir brauchen auch nicht weiter auf Larson einzugehen. Wiederum könnten Sie uns etwas über Tarian erzählen, denn dieser scheint auch eine große Rolle im ganzen Geschehen zu spielen zusammen mit Heat Larson.“
„Ist es wahr das Tarian sich, um ihr Kind handelt?“
„Nicht um ihrem Leiblichen. Er war ein Ziehsohn, den sie aufgenommen hatte. So weit ich weiß...“, stutzte Taine, die in der braunen Flüssigkeit dabei anstarrte. „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dass er noch am leben ist?“
„Ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhält.“
„Und der Rest der Familie hat sich komplett von Frau Keys weg gekapselt?“
„So ist es.“
„Haben Sie Tarian gekannt?“
„Ja, das habe ich...“, gab sie zurück und schaute dann Mikhail an, bevor sie weiter mit ihrem Satz fortfuhr: „Er war jemand, der nicht wirklich in die Familienkonstruktion gepasst hatte...“
„Wie sieht es zu den Rest der Familie aus, wie stehen Sie zu den Mitgliedern? Denn anscheinend hegen Sie kein gutes Verhältnis zu den restlichen Familienangehörigen.“, bemerkte Ian, worauf die junge Frau ihren Blick zu Boden sinken ließ. „Mich interessiert es nicht wirklich, was sich gerade innerhalb deiner Familie abspielt, denn hier geht es um wesentlich mehr als nur das. Es geht hier um Menschenleben, die aufs Spiel gesetzt worden sind.“, erläuterte Ian, der sich dabei am Tisch vorbeugte , um der 22-jährigen direkt in die Augen zu schauen. „Ich weiß, dass es Ihnen unangenehm ist. Aber ich bitte Sie dennoch uns alle Informationen über Tarian zu sagen. Denn er scheint in Stella Keys Leben eine wichtige Rolle gespielt zu haben.“, bat Mikhail. Sie schaute die beiden Männer mit großen Augen an. Verwundert, dass diese so sehr darauf behaarten seufzte diese nur angestrengt und rückte ihre Brille zurecht, wobei diese sich räusperte. „Und Sie sind sich sicher, dass die Antworten sie näher zum Täter bringen, der meine Tante so zugerichtet hat?“
„Ja, ich versichere es Ihnen.“ versicherte Mikhail ihr, der sie dabei sanft anlächelte. „Im Leben meiner Tante haben nur Er und mein Vater eine große Rolle gespielt. Sie war eine liebenswürdige, intelligente Frau. Anders wie jetzt…“
„Wurden sie und Tarian ab einen gewissen Zeitpunkt vor sieben Jahren als vermisst gemeldet?“, hakte Ian nach, worauf Mikhail kurz Blicke mit seinem Kollegen austauschte, verwirrt über die seltsame Frage. „Nein, sie haben sich alle im selben Haus aufgehalten. So weit ich weiß.“, stutzte Taine worauf Mikhail hellhörig wurde. „Also sind Sie die Tochter von Head Referrer Larson...“, stellte Ian fest, der eine Braue hob. Sie schaute bei der Feststellung den Braunhaarigen ausdruckslos an. „Etwas worauf man nicht wirklich stolz sein kann.“, fügte sie hinzu, die dabei ihre Arme verschränkte und sich zurücklehnte. Es waren die folgenden Gesten, die ihr wahres Alter verrieten. Sie wirkte zwar freundlich aber auch distanziert zu gleich, die Art Mensch die sich, um Einzelgänger handelten und ungern jemanden an sich ran ließen. „Könnten Sie… Uns mehr Auskunft über ihre Familie geben?“

Leise tippte die Dunkelhaarige Frau mit dem Kugelschreiber auf den Tisch, wobei diese einen nachdenklichen Eindruck machte beim Betrachten ihrer Notizen. Ganz zu schweigen davon, dass er einen Blick in ihren Ausschnitt erhaschen durfte - von ihren wohlgeformten Brüsten, die ihren schlanken Körper unterstrichen. Zwar genoss der Dunkelhaarige den Anblick, den seine Therapeutin bot, dennoch würde er noch nicht mal in den kühnsten Träumen auch nur einen Gedanken dafür verschwenden, wie sie im Bett wäre. Zwar handelte es sich bei Doktor Mireley um eine überaus attraktive Frau, doch in seinen Augen war diese viel zu vollkommen, so dass sie ihn schon anwiderte.
„Ihr Zustand scheint sich langsam zu stabilisieren, dennoch würde ich Sie darum bitten, weiterhin das verschriebene Medikament einzunehmen.“,erläuterte die Therapeutin, die dabei ihr Haar hinters Ohr strich. Schweigen kehrte für einen Augenblick ein, während die Standuhr laut mit ihrem Pendel hin und her schlug. „Wird die erhöhte Dosis Auswirkungen auf meinen Körper haben?“
„Es können zwischenzeitliche Schübe auftreten, weshalb ich Ihnen empfehle möglichst Stresssituationen zu vermeiden.“ Mikhail nickte, um ihr zu bestätigen, dass dieser zugehört hatte. Jene schaute schließlich von ihrer Brille zu ihm auf und nahm diese ab, ohne dabei Blickkontakt zum Patienten zu verlieren. „Mr. Graham… Sie wirken heute etwas abwesend. Ist etwas vielleicht vorgefallen worüber sie sprechen möchten?“
„Es ist alles in Ordnung.“
„Her Graham… Wenn Sie etwas auf der Seele haben, dann ist es extrem wichtig, dass sie auch darüber sprechen.“, riet ihm seine Therapeutin, die ihn bereits durchschaut zu haben schien, wie üblich, wenn er versuchte, etwas zu verbergen. Bevor sie zu Wort kam, fiel Mikhail ihr ins Wort: „Ich ... möchte noch nicht darüber sprechen.“
„Ich verstehe. Ich möchte Sie zu nichts zwingen, Mr. Graham. Mit dem Stress meine ich zudem auch nicht nur Ihre Arbeit, sondern ebenfalls den Vorfall, der zwischen Ihnen und Ihrer Lebensgefährtin passiert ist.“ Auf die folgende Bemerkung reagierte er mit einem vorwurfsvollen Blick. „Gut… Dann nennen wir es einen Tag.“, sagte die Therapeutin schließlich worauf er den Raum mit einem kurzem Abschied verließ. Erleichtert atmete der Dunkelhaarige aus nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Gerade als Mikhail den Flur betrat, kam ihm sein Kollege entgegen, der ihm eine Tasche entgegen warf. Etwas erschrocken fing der 22-jährige diese aus Reflex ab, schenkte seinem Kollegen jedoch einen genervten Gesichtsausdruck, woraufhin Ian nur mit den Schultern zuckte. Zu seiner Feststellung war die Tasche erstaunlich schwer - als er das Klappern von gegeneinander schlagendem Metall vernahm, überkam ihm ein ungutes Gefühl. „Lass uns alles draußen besprechen.“, schlug Ian vor, der ebenfalls einen Rucksack bei sich hatte, denn er über die Schulter warf.
„Was wäre, wenn man dich damit erwischt hätte?“, keifte Mikhail den Älteren an, wobei er die schwere Tasche im Kofferraum des Autos lagerte und diesen zuknallte. „Hat man aber nicht.“, fügte Ian hinzu, dem man sichtlich ansehen konnte, dass er von der Hysterie seines Kollegen genervt war. Mit einem Fluchen fuhr sich Mikhail über das Gesicht. Er wusste, dass es unnötig war. mit dem Braunhaarigen zu diskutieren, da Ian so oder so nicht die Meinungen anderer tolerierte und auf seine Meinung beharrte. Genauso wie seine Gedankengänge, die eher von rationaler Natur schienen, weshalb er Mikhails Meinung nach einen unmenschlichen Eindruck machte. Gewiss würde Ian ihm auch nicht erklären wollen, wie er an die Waffen in der Tasche kam, weshalb er sich ebenfalls die Frage ersparte. „Was hältst du von Leonheart?“, hakte Mikhail schließlich nach, der somit die Stille brach, die zwischen ihnen herrschte und er sich dabei zum anderen stelle. „Was meinst du damit?“, hakte Ian nach, der die Musik daraufhin leiser stellte. „Du kommst mit vielen nicht zurecht, aber mir ist nicht entgangen, dass du eine sehr gute Menschenkenntnis besitzt.“
„Ich sage das nur ungern, aber du bist gar nicht mal so dumm, wie du aussiehst.“, gab Ian mit einem Grinsen zurück, worauf Mikhail ihn unbeeindruckt auf dieser Bemerkung ansah. „Zum Thema aber zurück zu kommen… Sie ist hübsch.“
„Das habe ich nicht gemeint… Und deine Scherze sind schrecklich.“
„Ich bin auch sicher, dass sie bestimmt irgendwo einen Schuss weg hat. Besonders wenn man unter solchen Umständen aufgewachsen ist. Aber lügen tut sie nicht, zumindest wirkt es nicht so, wie manch anderer Inhalt, den sie uns gesagt hat.“
„Bitte sag mir nicht, dass wir mit diesen ganzen Waffen auf sie losgehen, um es aus ihr auszuquetschen...“
„Nein, so weit gehe ich nicht. Aber… Ich würde gerne das alte Grundstück besichtigen.“
„Dann bewährt es sich ja mit den Waffen.“
„Exakt.“, stimmte Ian ihm zu, während beide Männer nun ins Auto stiegen.

28 Mar 2016

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